Natur- und Artenschutz

„Artenreiche Kulturlandschaft Saarlouis“

ein Projekt der Kreisgruppe Saarlouis der Vereinigung der Jäger des Saarlandes und Vorreiter für das Land

Anlass und Lösungsweg

Seit vielen Jahren ist ein stetiger Rückgang der Populationen der typischen Tierarten der Feldflur zu beobachten. Dies betrifft sowohl Wildarten, für die die Jägerschaft eine Hegeverpflichtung wahrzunehmen hat, als auch Vogel- und Säugetierarten, die dem Naturschutzrecht unterliegen. Als gefährdete Arten sind insbesondere das Rebhuhn, die Feldlerche, der Fasan, der Hase, sowie eine Vielzahl von Insekten und Schmetterlingsarten zu nennen. Die Ursachen für den Artenrückgang sind vielschichtig.

Ein wesentlicher Grund dürfte im Verlust geeigneter Lebensräume zu finden sein, ein weiterer in dem massiv gestiegenem Prädatorendruck.

Die Jägerschaft ist die einzige Institution, die flächendeckend in den landwirtschaftlich geprägten Gebieten des Saarlandes vertreten ist und mit allen Eigentümern bejagbarer Flächen, den Jagdgenossen, Pachtverträge für die jagdliche Nutzung abgeschlossen hat.

Aus diesen Gründen hat sich die Jägerschaft der Kreisgruppe Saarlouis 2017 dazu entschieden, das Projekt „Artenreiche Kulturlandschaft Saarlouis“ ins Leben zu rufen.

Sie hat das Ziel, die Situation der Niederwildbestände und der sonstigen Bodenbrüter und Offenlandbewohner zu verbessern.

Zielarten sind alle Bodenbrüter (auch Nichtwildarten), Hasen, Kaninchen, Insekten wie Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und sonstige schützenswerte Kleinlebewesen.

Im Landkreis Saarlouis gibt es rund 80 Reviere, von denen der Großteil der Reviere in größerem Umfang Feldanteile besitzt, in denen die Problematik des Niedergangs der Arten der Agrarlandschaft ein schwerwiegendes ökologisches Problem darstellt. Dessen sind sich die Projektinitiatoren bewusst und wollen hier gegensteuern.

 Um entsprechende Anregungen und Hilfestellungen zu geben, wurden in verschiedenen Revieren Musterbiotopflächen angelegt. Diese Reviere nennen wir „neudeutsch“ Hot-Spot-Reviere und sollen als Multiplikatoren in der Jägerschaft dienen.

In diesen Revieren, die in unterschiedlichen Naturräumen liegen, wurden zudem die Kosten der Herstellung der Biotope ermittelt, um auch hier eine valide Datengrundlage zu schaffen.

Das Projekt steht und fällt mit der Bereitschaft der Jagdgenossen als Grundeigentümer bzw. der Landwirte als Bewirtschafter, geeignete Flächen in der Feldflur zur Verfügung zu stellen. Das entsprechende Einbinden in die jeweils aktuelle EU-Agrarförderung hat sich hier vielfach als kompliziert erwiesen.

Grundsätzlich ist anzustreben, geeignete Flächen über mehrere Jahre zu nutzen, da sich optimale Strukturen oftmals erst nach einigen Vegetationsperioden einstellen. „Rotationsbrachen“ und ähnliches sind hierfür nicht geeignet.

Von wesentlicher Bedeutung ist es, Flächen herzurichten, die insbesondere in der Aufzuchtzeit der Jungvögel über ein entsprechendes Angebot an erreichbarer Insektennahrung verfügen.

Sowohl für Rebhuhn als auch Fasan wurde das Verhungern der Küken als Hauptverlustursache festgestellt.

Im Herbst des Jahres 2017 wurden alle Revierinhaber angeschrieben und befragt, ob Interesse an der Teilnahme an diesem Projekt besteht. Die Interessenten wurden anschließend in die Musterreviere eingeladen und die bisher geleistete Arbeit wurde vorgestellt.

Im Anschluss daran wurden und werden Weiterbildungsangebote in folgenden Bereichen angeboten:

- Flächen-Akquise / Anlage von Wildäckern / Biotopverbesserung / Notzeitfütterung
- Wildzählung und Bestandserfassung / Monitoring nach Vorgaben des W.I.L.D. (Wildtierinformationssystem der Länder Deutschlands)
- Prädatoren-Management
- Verwertung erlegten Raubwildes / Abbalgseminare

Gestaltung der Flächen

Bei der Herstellung der Flächen ist zu beachten, dass sie sowohl Äsung (Nahrung) als auch ganzjährig Deckung (Versteckmöglichkeiten) bieten. Dies ist zu erreichen, indem möglichst viele schmale Streifen unterschiedlicher Pflanzen und Pflanzengesellschaften nebeneinander angesät werden. Des Weiteren ist zu beachten, dass zumindest ein Teil der Streifen auch über den Winter hin seine Struktur erhält und auch bei Schnee Schutz und Nahrung bietet.

Durch den streifenförmigen Anbau werden somit Strukturen neu geschaffen, wie sie über Jahrhunderte in der kleinbäuerlichen Landwirtschaft Bestand hatten und den Bodenbrüterarten optimale Lebensräume boten.

Hier hat sich ein Wechsel von „Lebensraum 1“, Rotklee, Sonnenblumen und einer „einjährigen Blühmischung“ als erfolgreich gezeigt. Knäuelgras, das als Ameisenlebensraum und damit als „Küche“ für „Kükenfutter“ (Rebhühner und Fasane) dienen sollte, hat sich unter saarländischen Verhältnissen nicht bewährt und wurde wieder „ausgemustert“.

Prädatoren-Management

Zur Unterstützung der biotopoptimierenden Maßnahmen ist eine Intensivierung der Prädatoren-Bejagung notwendig. Zu diesem Zweck wurden im Rahmen des Projektes verschiedene Fanggeräte angeschafft. Diese entsprechen dem aktuellen Stand der Technik, haben sich in der Praxis bewährt und sind leicht zu bedienen. Mit großem Aufwand wurden auch Kunstbaue installiert.


Monitoring

Herr Dr. Ralf Kohl, Saarbrücken, später auch von Herrn Dr. Martin Lillig unterstützt, hat über 5 Jahre hinweg, von 2018 bis einschließlich 2022 die Avifauna und die Bodenfauna untersucht, mit z.T. sehr eindrücklichen Ergebnissen. So stellt er 2022 zur Bodenfauna fest:

„Im Rahmen der Untersuchung gelangen seit 2019 sechs Neufunde für das Saarland sowie Nachweise weiterer in diesem Bundesland selten gefundener Arten. Als Grundlage für den Status „neu für das Saarland“ gelten die Arten, die bei EISINGER (2022) nicht genannt und auch nicht in der Sammlung Lillig als unpublizierte Exemplare vorhanden sind.“

Zur Zielart Rebhuhn konnte er in seinem Monitoringbericht 2022 feststellen:

„Jürgen Schmitt, der Initiator des Projektes, berichtete dem Autor über Rebhuhnbeobachtungen im Gebiet bei Lebach/Eidenborn im April 2021. Bei einer Begehung anlässlich einer Hundeprüfung flogen am 16.04.2021 zwei Rebhühner aus dem eingesäten Bereich auf und am 17.04.2021 wurde an derselben Stelle ein Rebhahn gesichtet. Leider konnten trotz mehrmaliger Nachsuche diese Beobachtungen vom Autor nicht betätigt werden, so dass davon auszugehen ist, dass sich die Rebhühner nur kurzfristig im Untersuchungsgebiet aufgehalten haben. Dennoch konnte Jürgen Schmitt am 07.09.2021 noch einmal ein Paar Rehühner in derselben Fläche feststellen.

2022 wurde im März ein Kartierungsversuch eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang mit Klangattrappe (vgl. „www.youtube.com/watch?v=eKZzw_RGLVM“) durchgeführt. Im Gebiet bei Lebach/Eidenborn konnte dabei am 04.03.2022 ein Rebhuhnhahn verhört werden. Bei zwei weiteren Versuchen im Gebiet bei Piesbach (07. und 24.03.2022) gelang dies leider nicht. Jürgen Schmitt entdeckte im Gebiet bei Lebach/Eidenborn eine führende Henne, die vom Autor am 01.07.2022 noch einmal im kleinen Bachtälchen aufgespürt und somit ein eindeutiger Brutbeweis erbracht wurde (Kategorie D 12).“

Ausblick: Ausweitung auf das ganze Saarland

Seit 2018 ist auch die Kreisgruppe St. Wendel dabei und seit 2023 gibt es eine Kooperation von LEG Saar, Umweltministerium (MUKMAV) und VJS mit einer finanziellen Beteiligung von 20 Tsd., 10 Tsd. und 5 Tsd. EURO für Saatgut und Bodenbearbeitung für das ganze Saarland. Ein entsprechender Kooperationsvertrag ist vereinbart.

Das feuchte Frühjahr 2023 sollte insofern der Niederwildhege nützlich sein, als die Saaten ein besseres Sommer- und Herbstbild erwarten lassen als diejenigen, die im Trockenjahr 2022 kaum aufliefen. Auch wenn nasse, feuchte Frühjahre für unsere Zielarten im Allgemeinen nicht so günstig sind.

Danksagung

Ich bedanke mich bei allen, die mitmachen und mithelfen, insbesondere auch bei der Obersten Jagdbehörde, die das Projekt bisher aus Mitteln der Jagdabgabe unterstützt und wesentlich geholfen hat, bürokratische Hürden zu überspringen. Aber auch bei der LEG Saar, die zuerst für St. Wendel und jetzt auch für das ganze Saarland finanzielle Mittel bereitstellt.

Jürgen Schmitt, Kreisjägermeister

Fotos: Jörg Engel

Fotos: Jörg Engel